11. Dezember

Es ist nicht immer leicht, auf Befehl oder durch Vorgabe des Kalenders in ein Fest einzusteigen. Noch mehr, wenn sich das persönliche Leben gerade sehr krisenhaft anspürt. Wie soll ich denn feiern, wenn erstmals mein Lebenspartner nicht mehr da ist, die Arbeitslosigkeit drückt, die Einsamkeit mich fast erfrieren lässt, mein Alltag sich einfach so dahinschleppt?

So unbeschwert aus den Sorgen des Alltags und der Welt auszusteigen entspricht nicht dem, was heute State oft the Art wäre. Doch genau dies macht krank. Der Mensch braucht Oasen des Aussteigens, das Erspüren, dass ich mehr bin, als meine augenblicklichen Schwierigkeiten mir vormachen. Wer nicht in gemeinsames Feiern einzusteigen bereit ist, steht in Gefahr, derart mit sich selbst beschäftigt zu bleiben und um sich zu kreisen, dass er am Leben vorbeigeht. Das heißt nicht, auf Befehl die Feiermiene aufzusetzen, sondern dem anderen Pol meines Lebens, dem, was ich ja auch in meiner Seele trage, Platz einzuräumen, verdunkelte Lebensbereiche neu zum Klingen zu bringen. Fest heißt, statt mich auf meine augenblickliche Lebenstristesse zu konzentrieren, den Sicht- und Lebenskreis zu weiten.

Feste brauchen andere, Freude steckt an – vielleicht auch dadurch eine Chance, aus mancher Einsamkeit und Selbstfixierung auszusteigen, im Singen, Essen und Trinken, im Durchatmen und Tanzen, im Vollzug von Ritualen oder Plaudern in meine Seele einzuatmen, dass das Leben größer ist als ich derzeit im Alltag spüre. In diesem guten Sinne ist Feiern ein Aussteigen aus dem Alltag, ohne diesen zu ignorieren – aber es weist ihm einen neuen Platz zu und lässt mich ihn aus neuer Perspektive sehen.

Feste geben die Chance, neue Lebensfreude zu tanken, trotz Alltagsgrauen dem „Leben“ seinen richtigen Stellenwert einzuräumen, neu Genießen zu lernen. Also: Feiern wir – und gesunden wir!

(Mag. Gerald Gump, Wien, Bundespräses Kolpingwerk Österreich)